Autor: Rechtsanwalt Bernd Morgenroth -

Duldungspflicht

Duldungspflicht des Nachbareigentümers für Wärmedämmung!

Wegweiser durch den Paragraphendschungel - © p365.de - Fotolia.com
Wegweiser durch den Paragraphendschungel (© p365.de - Fotolia.com)

Der Teilhaber einer gemeinsamen Giebelwand, der an diese (noch) nicht (vollständig) angebaut hat und derzeit auch nicht anbauen will, muss Maßnahmen des anderen Teilhabers zur Wär-medämmung dulden, die dazu führen, dass der freie Bereich der Wand einem den aktuellen Erfordernissen entsprechenden Standard entspricht.

BGH, Urteil vom 11.04.2008 IV ZR 158/07 Sachverhalt und Problemlösung:

Zwei Eigentümer von benachbarten Grundstücken, welche jeweils mit einem Wohnhaus bebaut sind, streiten um die Verkleidung einer Giebelwand. Diese steht auf der Grundstücksgrenze und ragt einige Zentimeter in das Nachbargrundstück jeweils hinein. Ein Teil dieser Wand dient ausschließlich dem Haus des Eigentümers, welches höher und ca. 1.4 m länger ist, als das des Nachbarn, als Außen-wand. In diesem freien Fassadenbereich möchte der Eigentümer eine 14 cm starke Dämmschicht einschließlich Verschieferung anbringen. Er verklagte den Nachbarn auf Duldung des Anbringens der Fassadenverkleidung. Mit Erfolg im vorliegenden Fall.

Der BGH hat einen Anspruch des Eigentümers auf Duldung des An-bringens der Fassadenverkleidung bejaht. Beide Eigentümer sind Teilhaber einer gemeinsamen Wand. Jeder von ihnen kann im Interesse aller Teilhaber nach billigem Ermessen eine entsprechende Benutzung verlangen. Dazu gehört auch das Anbringen einer zusätzlichen Wärmedämmung. Das Vorhaben des Eigentümers dient auch dem Allgemeinwohl, weil durch die Dämmung Energie einge-spart wird.

Der Nachbar kann sich nicht mit Erfolg darauf berufen, dass ihm das Anbringen der Fassa-denverkleidung bei der beabsichtigen Aufstockung eines auf seinem Grundstück stehenden Anbaus beeinträchtigt. An dem Anbau der Giebelwand als sogenannter Nachbarwand oder halbscheidiger Giebelmauer und damit gemeinschaftliche Grenzeinrichtung im Sinne von § 921 BGB ändert auch der Umstand nichts, dass das Haus des Eigentümers die Wand nicht mit ihrer gesamten Fläche in An-spruch nimmt.

Der Eigentümer kann fernerhin verlangen, dass der freie Bereich der Giebelmauer in einen der heutigen Erfordernissen und Anschauungen entsprechenden Zustand versetzt wird. Anders als bei der Errichtung der Häuser vor ca. 100 Jahren ist es heute nicht mehr üblich, ein Wohnhaus mit einer ungedämmten Außenwand zu errichten, die nur aus einem Ziegelsteinmauerwerk besteht. Dies ist zudem mit der Notwendigkeit der Energieeinsparung unvereinbar.

(26.01.2009)