Autor: von Thessa Wolf -

Wohnräume oder Wohnträume?

Der Verband der Sächsischen Wohnungsgenossenschaften hat untersucht, wie bezahlbar das Wohnen für die Sachsen ist.

In Dresden werden viele Wohnungen gebaut. Aber wer kann sich ihre Miete leisten? | Foto: Thessa Wolf - © Picasa
In Dresden werden viele Wohnungen gebaut. Aber wer kann sich ihre Miete leisten? | Foto: Thessa Wolf (© Picasa)

Es ist nur ein Buchstabe. Wenn man das t zwischen die Wörter Wohn und Räume setzt, wird die Realität schnell zu einer künftigen Vorstellung. Sind bezahlbare Wohnräume in Sachsen bald nur noch ein Traum? Und: „Was heißt das eigentlich genau – bezahlbares Wohnen?", fragt Axel Viehweger. Der Chef des Verbandes Sächsischer Wohnungsgenossenschaften wollte wissen, was Menschen für ihr Wohnen ausgeben wollen und können, und ließ eine Studie erstellen – mittels der statistischen Daten des Freistaates und der eigenen Erhebungen der Wohnungsgenossenschaften. Das Ergebnis ist ernüchternd: 45 Prozent aller Haushalte sind „armutsgefährdet" oder zumindest das, was die Genossenschaft „versteckte Verlierer" nennt. Zu Ersteren zählen alleinstehende Rentner, Singles, die in Teilzeit arbeiten, wie auch Alleinerziehende. „Eigentlich gehören auch Auszubildende und Studenten dazu, aber viele leben noch bei ihren Eltern oder werden von ihnen unterstützt", erklärt Axel Viehweger. Die maximal finanzierbare Nettokaltmiete der Armutsgefährdeten liege bei 4,70 Euro. Für die „versteckten Verlierer" sei zwar eine Miete von 4,70 bis 7,22 Euro machbar. „Aber die Kostenmiete – also das, was private Vermieter für Neubau verlangen – können auch sie nicht zahlen", weiß der Verbandschef. Diese würde bei 10,44 Euro liegen. Axel Viehweger befürchtet, dass der bezahlbare Wohnraum zunehmend knapper wird, zumindest in großen Städten. In der Umgebung, also Pirna und Radeberg, aber auch in Delitzsch nahe Leipzig gebe es durchaus gute freie Wohnungen. „Alle diese Orte haben eine gute S-Bahn-Anbindung an Leipzig oder Dresden", sagt Viehweger. „Woanders würde man sie bezüglich des Wohnens als Vororte einstufen." Ganz konkret: „Es gibt 5 000 freie Genossenschaftswohnungen, alle von Dresden aus in einer halben Stunde mit öffentlichen Verkehrsmitteln zu erreichen."

Berechnungsgrundlage: 35 Prozent des Nettoeinkommens
Die Frage nach dem bezahlbaren Wohnen war für achtzehn verschiedene Personengruppen gestellt worden – vom Rentner, allein oder zusammenlebend, über Singles und Alleinerziehende bis hin zu Paaren ohne, mit einem oder zwei Kindern, teilweise gestaffelt nach solchen, die in Teilzeit arbeiten, niedriges oder mittleres Einkommen beziehen. Zur Beurteilung der maximal finanzierbaren Mieten wurde mit einer maximalen Wohnkostenbelastung in Höhe von 35 Prozent des Nettohaushaltseinkommens gerechnet. „Unsere Erfahrungen und die Berechnungen der einzelnen Fallgruppen zeigen, dass für einen Großteil der Bevölkerung eine Nettokaltmiete von 6,50 Euro pro Quadratmeter die absolute Obergrenze darstellt", resümierte Axel Viehweger. Diese Schwelle biete unter Anwendung von Zuschüssen noch die Möglichkeit, umfassende Modernisierungen voranzubringen, und gleichzeitig einem großen Teil der Bevölkerung in Sachsen den Zugang zu bedarfsgerechten Wohnungen. Für Neubauvorhaben sollte der Wert von 8,50 Euro pro Quadratmeter als „bezahlbar" angesehen werden, auch wenn zu diesem Niveau nur eine vergleichsweise kleine Gruppe in der Lage ist, einen Neubau zu beziehen. Die Genossenschaften fordern neben einer faireren Lastenverteilung – Axel Viehweger: „Der Begriff sozial muss neu definiert werden, es sind eben nicht nur Arbeitslose, sondern auch Alleinerziehende oder Rentner, welche Hilfe brauchen" – ein Moratorium der Energieeinsparverordnung, die das Bauen verteuere. Vor allem dürfte nicht nur der Wohnungsbau in Dresden und Leipzig gefördert werden, sondern insbesondere jener im Umland.