Viele scheuen sich vor Immobilienkauf
Hohe Zinsen, wenig Bautätigkeit, kaum gesunkene Preise: Eine Umfrage zeigt, wie die Deutschen trotzdem den Weg ins Wohneigentum finden wollen.
Die gestiegenen Zinsen für Immobilienfinanzierungen in Kombination mit Inflation und hohen Energiekosten schrecken knapp 80 Prozent der Deutschen vom Erwerb einer Immobilie ab. Das ist das Ergebnis einer bundesweiten repräsentativen Umfrage im Auftrag von Engel & Völkers Finance, einem unabhängigen Vermittler von Immobilienfinanzierungen.
Um den Traum vom Eigenheim dennoch zu verwirklichen, würden 75 Prozent der Befragten lieber mehr Eigenkapital einsetzen, damit die Darlehenssumme geringer bleibt. Über 90 Prozent würden ihren privaten Konsum einschränken und 54 Prozent der Teilnehmenden an der Umfrage sind bereit, auf eine Bestandsimmobilie statt auf einen Neubau zu setzen. Insgesamt geben 67 Prozent der Befragten an, dass für sie eine Immobilienfinanzierung ohne Erbschaft oder Schenkung gar nicht möglich sei. Das sind 5 Prozent mehr als im Vorjahr.
Mehr Eigenkapital plus Konsumverzicht
„Die Rahmenbedingungen in der Immobilienbranche haben sich in den vergangenen zwei Jahren massiv geändert,“ erklärt Rebecca Scheidler, Geschäftsführerin von Engel & Völkers Finance Germany GmbH. „Die Zinsen haben sich vervierfacht, die Kosten für Bestandsimmobilien sind weiterhin auf einem recht hohen Niveau und der Neubau ist vielerorts zum Erliegen gekommen.“ Drei Viertel der Befragten haben angegeben, dass sie lieber mehr Eigenkapital einsetzen würden, um die Darlehenssumme geringer zu halten. 92 Prozent der Deutschen wären außerdem zu einer freiwilligen Einschränkung bereit, um den Traum von der eigenen Immobilie zu verwirklichen. 60 Prozent würden zum Beispiel auf teure Kleidung und Schuhe verzichten, ebenso viele auf den Kauf eines teuren Autos.
Ungefähr die Hälfte aller Befragten sieht Sparpotenzial beim Verzicht auf teure Einrichtungsgegenstände (50 Prozent), bei Beauty- und Wellnessprodukten und -aktivitäten (49 Prozent) und bei Restaurantbesuchen (46 Prozent). „Trotz der herausfordernden aktuellen Situation ist eine Immobilienfinanzierung für viele Menschen nach wie vor möglich, wenn an den richtigen Stellschrauben gedreht wird“, erklärt Scheidler. „Wichtig ist, sich so früh wie möglich beraten zu lassen und zu prüfen, was möglich und nötig ist.“
Bestandsimmobilie statt Neubau
Neben den Stellschrauben bei der Finanzierung gibt es natürlich auch die Möglichkeit, bei der Immobilie selbst einzusparen. So sind 54 Prozent der Befragten bereit, statt eines Neubaus eine Bestandsimmobilie zu finanzieren. Bei den 50- bis 59-Jährigen sind es sogar 60 Prozent. Auch eine preiswertere Lage in einem anderen Stadtteil oder einer ländlichen Gegend sind für 40 Prozent eine Option. 37 Prozent würden sich für eine andere Wohnform entscheiden und ein Reihenhaus oder eine Wohnung statt eines Einfamilienhauses finanzieren. Bei den 30- bis 39-Jährigen sind es sogar 47 Prozent. Ebenfalls 37 Prozent würden eine weniger hochwertige Ausstattung wählen (z. B. keinen Fahrstuhl im Mehrfamilienhaus), um die Kosten geringer zu halten. Für 36 Prozent wäre ein kleinerer oder gar kein Garten denkbar.
Kaufnebenkosten schrecken ab
Neben den Immobilienpreisen und den Bauzinsen sorgen auch die hohen Kaufnebenkosten und lange Genehmigungsprozesse für Zurückhaltung bei der Immobilienfinanzierung. „Hier ist auch die Politik gefragt, eine Reform der Grunderwerbsteuer ist dringend nötig,“ so Rebecca Scheidler. Sie fügt hinzu: „Der jüngst verabschiedete Bau-Turbo-Pakt, auf den sich Bund und Länder geeinigt haben, ist ein Schritt in die richtige Richtung, aber das Thema muss kontinuierlich vorangetrieben werden.“ Der Pakt sieht vor, dass Planungs- und Genehmigungsprozesse vereinfacht und beschleunigt werden sollen, so dass für eine befristete Zeit in Orten mit hohem Bedarf Bauvorhaben schneller geplant und umgesetzt werden können. (ots)