Stadtflucht aufgrund von Corona bleibt aus

Kultur, Gastronomie und Party gleich um die Ecke, irgendwo ist immer etwas los: Die Vorteile des Lebens in der Stadt haben in Zeiten von Kontakteinschränkungen und Sperrstunden viel weniger Relevanz. Doch spiegelt sich diese landläufige Ansicht auch im Suchverhalten und den Nachfragepräferenzen von Immobiliensuchenden wider?

Eine aktuelle Auswertung von Daten des Onlineportals ImmoScout24 zeigt, dass sich die Nachfrage nach Kauf- und Mietimmobilien in der Stadt und auf dem Land seit Beginn der Corona-Pandemie weitgehend analog entwickelt haben. Eine Verschiebung aus der Stadt zugunsten des Landes ist nicht erkennbar.

Eine nachhaltige Verlagerung der Nachfrage von der Stadt aufs Land ist bislang ausgeblieben. Die Nachfrage nach Wohnimmobilien entwickelt sich auf dem Land und der Stadt parallel. Allerdings ist das Interesse an Eigentumswohnungen und Häusern zum Kauf im städtischen Umland gestiegen. Nach einem Rückgang der Kontaktanfragen im März 2020 erholten sich die Werte deutschlandweit in wenigen Wochen und über alle Segmente hinweg.

Starke Nachholeffekte zeigten sich, sowohl auf dem Land als auch in der Stadt, im Juni 2020. Im Vergleich zum Vorjahr gingen für Eigentumswohnungen auf dem Land 40 Prozent und in der Stadt 38 Prozent mehr Kontaktanfragen ein. Bei Häusern zum Kauf auf dem Land verzeichnete das Portal im Juni 2020 ein Plus von 36 Prozent, beim Pendant in der Stadt ein Plus von 28 Prozent. Seit August haben sich die Nachfragewerte wieder eingependelt und lagen auf oder leicht über dem Vorjahresniveau.

Die Nachfrageentwicklung für Mietimmobilien spricht ebenfalls gegen eine nachhaltige Stadtflucht. So hat sich die Nachfrage nach Mietwohnungen und Häusern zur Miete in der Stadt stärker erholt als auf dem Land. Für Mietwohnungen in der Stadt gingen im Juni 2020 17 Prozent mehr Kontaktanfragen ein als im Vorjahr, im September 2020 lag der Wert bei Plus 5 Prozent.

Auf Basis der Daten von ImmoScout24 zeigt sich jedoch, dass die Nachfrage nach Kurzzeitvermietungen auf dem Land zwischenzeitlich boomte. Von März 2020 bis Juli 2020 verzeichnete ImmoScout24 imV ergleich zum Vorjahr für jeden Monat ein Plus an Kontaktanfragen zwischen 29 bis 74 Prozent. In der Stadt stieg die Nachfrage nach Kurzzeitvermietungen nur im April 2020 (+ 15 Prozent) und Juni 2020(+ 10 Prozent) über die Vorjahreswerte. Ein langfristiger Trend zeichnet sich bislang nicht ab: Im August und September 2020 lag die Nachfrage nach Kurzzeitvermietungen auf dem Land unter den Vorjahreswerten.

Homeoffice macht Umland-Wohnen attraktiver

Dr. Thomas Schroeter, Geschäftsführer von ImmoScout24, sagt: "Der Immobilienmarkt verändert sich nicht von heute auf morgen. Die vielfach vorhergesagte Stadtflucht blieb bislang aus. Vor allem Mietimmobilien in der Stadt sind weiterhin begehrt - und werden es voraussichtlich bleiben. Denn auch wenn zwischenzeitlich die Menschen verstärkt nach Kurzvermietungen auf dem Land gesucht haben,heißt das noch nicht, dass sie der Stadt den Rücken kehren und ihren Lebensmittelpunkt aufs Land verlegen. Es spricht vieles dafür, dass die Reisebeschränkungen dazu geführt haben, dass sich Menschen innerhalb Deutschlands nach Alternativen umgeschaut haben. Als sich im August und September die Lage normalisierte, pendelten sich auch die Nachfrage-Ausschläge wieder ein."

"Wegen Corona arbeiteten in den vergangenen Monaten viele Angestellte im Homeoffice. Das Pendeln vom Wohnort zur Arbeit und zurück blieb damit erspart. Gut möglich, dass dieser Trend sich auch nach der Pandemie fortsetzt. Das Umland könnte dadurch an Attraktivität gewinnen - zumindest deuten unsere Daten in diese Richtung", erklärt Dr. Thomas Schroeter. So verzeichnete ImmoScout24 im Juni 2020 51 Prozent mehr Kontaktanfragen für Eigentumswohnungen im Umland der Städte im Vergleich zum Vorjahr. Auch die Nachfrage nach Häusern zum Kauf stieg im Vergleichszeitraum um 48 Prozent. Im September 2020 lagen die Werte mit jeweils 3 Prozent ebenfalls über den Vorjahreswerten. Die Nachfrage nach Kaufimmobilien ist allerdings auch in den Metropolregionen ähnlich stark gestiegen.

Trend geht zu größeren Immobilien

Bei Mietimmobilien zeichnete sich dieser Trend nicht ab.Hier lag die Nachfrage 2020 bisher unter den Vergleichswerten des Vorjahres. Dr. Thomas Schroeter: "Es scheint, dass der Kauf einer Immobilie in der Pandemie für viele interessanter wird, weil die Menschen nach langfristigen Investitionsmöglichkeiten suchen. Das Kaufsegment bietet zudem mehr Auswahl an größeren Immobilien und damit mehr Rückzugsmöglichkeiten."

Ebenfalls auffällig: Die Nachfrage nach Häusern zum Kauf mit mehr als 150-Quadratmeter-Fläche hat sich nach dem Corona-Tief im März 2020 im Vergleich zu kleineren Immobilien überproportional stark erholt. Im Juni 2020 gingen im Vergleich zum Vorjahr die meisten Nachfragen ein: Ein Plus von 37 Prozent. Auch im Mai (+ 22 Prozent), Juli (+ 12 Prozent), August (+ 5 Prozent) und September (+ 4 Prozent) lagen die Werte für Häuser zum Kauf mit mehr als 150 Quadratmetern über den Vorjahreswerten.

Ebenfalls heiß begehrt sind Eigentumswohnungen mit mehr als 5 Zimmern: Im Juni 2020 gingen im Vergleich zum Vorjahr 71 Prozent mehr Kontaktanfragen ein, im September 2020 16 Prozent. Die Nachfrage nach den sonst begehrten 2-Zimmer-Wohnungen ist im Juli und August 2020 zum Vorjahr zurück gegangen und lag im September 2020 auf Vorjahreswert."Homeoffice und Homeschooling brauchen Platz. Wer auf der Suche ist und es sich leisten kann, schaut sich daher verstärkt nach einem Zuhause um, das mehr Raum und Rückzugsmöglichkeiten bietet", so Dr. Thomas Schroeter.

Angebotspreise steigen trotz Corona weiter

Aber wir steht es um die vielbeachtete Preisentwicklung? Sowohl Angebotskaufpreise als auch Angebotsmieten stiegen im Vergleich zum Vorjahr weiter. Im September 2020 waren die Angebotskaufpreise für Eigentumswohnungen in der Stadt um 13,9 Prozent höher als im September 2019,auf dem Land stiegen die Preise um 7,2 Prozent. Für Häuser zum Kauf verzeichnete ImmoScout24 im Vergleichszeitraum in der Stadt ein Plus von 11,8 Prozent und auf dem Land von 7,2 Prozent.

Die Angebotsmieten blieben ebenfalls auf Wachstumskurs: Ein Plus von 9,0 Prozent für Mietwohnungen in der Stadt, auf dem Land Plus 7,0 Prozent. Dr. Thomas Schroeter: "Auch bei der Entwicklung der Kaufpreise deutet nichts darauf hin, dass es zu einer Stadtflucht kommt und das Land die Stadt überholt. Trotz Corona-Pandemie sind die Immobilienpreise im vergangenen Jahr weiter gestiegen. Denn die Nachfrage ist ungebrochen hoch." (ots)