<p>Der Marktplatz der Lutherstadt Wittenberg (Symbolfoto)</p> 
- © Adobe Stock, Stefan_Weis

Der Marktplatz der Lutherstadt Wittenberg (Symbolfoto)

| © Adobe Stock, Stefan_Weis

Nachfrage nach Immobilien im Osten bleibt hoch

In nur zehn Jahren haben sich die Immobilienpreise in den ostdeutschen Bundesländern im Schnitt mehr als verdoppelt. Im Bundesvergleich dürfte Wohneigentum aber finanzierbar bleiben.

Der Wunsch nach Wohneigentum ist in Ostdeutschland nach wie vor weit verbreitet. Das ist einer aktuellen Bilanz der LBS Ostdeutsche Landesbausparkasse AG zu entnehmen. „Unser Unternehmen konnte angesichts der hohen Nachfrage im Jahr 2022 und auch bedingt durch die enge Kooperation mit den Ostdeutschen Sparkassen und der LBS Ostdeutsche Landesbausparkasse AG das zweitbeste Ergebnis unserer Unternehmensgeschichte erzielen“, bilanziert Mathias Wahsenak, Sprecher der Geschäftsführung der LBS Immobilien GmbH Potsdam (LBSI). Die Maklerinnen und Makler aus Sparkassen und LBS vermittelten insgesamt 3.650 Immobilien mit einem Kaufpreisvolumen von 799 Millionen Euro. Im Vergleich zu dem bisherigen Rekordjahr 2021 war das nur ein geringfügiger Rückgang um 1,5 Prozent.  

Angebotsverknappung bei Bestandsimmobilien

Ostdeutschland hat in den letzten Jahrzehnten einen bemerkenswerten Aufholprozess vollzogen. Wohnte unmittelbar nach der politischen Wende im Herbst 1989 nur gut jeder vierte Haushalt in der DDR im Wohneigentum, ist es fast 34 Jahre später im wiedervereinigten Deutschland mehr als jeder dritte. Die Niedrigzinsphase der Jahre 2016 bis 2021 mit ihren historisch günstigen Konditionen für die Finanzierung von Immobilien erzeugte auch den östlichen Bundesländern eine kontinuierlich steigende Nachfrage nach Eigenheimen und Eigentumswohnungen.  

„Die günstigen Zinsen feuerten die Nachfrage an, und das führte besonders in den letzten Jahren zu einer deutlichen Verknappung des Immobilienangebotes“, so Mathias Wahsenak. Dieser Umstand ließ die Immobilienpreise in den meisten Regionen Ostdeutschlands ansteigen. Insbesondere Ballungsräume und exponierte Standorte profitierten in besonderem Maße. So erhöhte sich zum Beispiel allein im Jahr 2022 der durchschnittliche Kaufpreis der durch die LBSI vermittelten Immobilien im Vergleich zum Vorjahr um 10,5 Prozent auf rund 219.000 Euro. „Der durchschnittliche Kaufpreis einer durch uns vermittelten Immobilie lag im Jahr 2012 aber nur bei rund 97.500 Euro. Die Preise für ostdeutsche Immobilien haben sich in zehn Jahren also mehr als verdoppelt“, stellt Wahsenak heraus. Ein Umstand, der natürlich auch bei allen anderen ost- und gesamtdeutschen Darlehensgebern für viel Arbeit und gute Geschäfte gesorgt hat.  

Zinswende sorgt für Kaufzurückhaltung

Die attraktiven Konditionen für die Finanzierung der eigenen vier Wände konnten über lange Jahre steigende Preise kompensieren. Die plötzliche Zinswende zu Beginn des Jahres 2022 aber hat zu einer Verdreifachung der Darlehenskonditionen innerhalb von wenigen Monaten geführt und viele potenzielle Immobilienkäuferinnen und -käufer eiskalt erwischt. Viele Bau-und Kaufvorhaben lassen sich jetzt schlicht nicht mehr realisieren. Selbst Interessierte mit eigentlich ausreichendem Kapital warten derzeit lieber die weitere Entwicklung ab.

„In den ersten beiden Monaten des laufenden Jahres konnten wir eine deutliche Kaufzurückhaltung feststellen“, sagt Mathias Wahsenak. Die Nachfrage nach Neubauprojekten und Bauträgerimmobilien sowie nach klassischen Anlageimmobilien ist inzwischen fast vollständig eingebrochen. Gebrauchte Wohnimmobilien zur Selbstnutzung werden zwar nach wie vor gesucht, aber oftmals passen die Preisvorstellungen der Verkäuferinnen und Verkäufer nicht mit den Vorstellungen oder Budgets der Interessenten zusammen – eine Nachwirkung der Boomphase der vergangenen Jahre, in der vielen Eigentümern das Gefühl gegeben wurde, sie könnten auch minderwertigen Wohnraum zu Bestpreisen veräußern.

Es deutet sich Wahsenak zufolge an, dass die Zinsen preisdämpfend auf den Bestandsimmobilienmarkt wirken werden. Die Überhitzung der vergangenen Jahre reguliert sich. Überteuerte Preisvorstellungen von Verkäuferinnen und Verkäufern besonders in zweit- oder drittklassigen Lagen werden sich wieder normalisieren. „In den letzten Monaten erleben wir eine deutliche Zunahme des Immobilienangebotes am Markt. Das wird auch den Preisdruck und den Wettbewerb unter den Verkäuferinnen und Verkäufern erhöhen“, ist sich der LBSI-Sprecher sicher, „Einen Crash der Immobilienpreise bei Bestandsimmobilien werden wir aber nicht erleben.“

Die jüngste Explosion der Energiepreise hat indes dafür gesorgt, dass die Bedeutung der Verbrauchswerte bei älteren Immobilien zunimmt. „Ich gehe davon aus, dass es in absehbarer Zeit zu einer stärkeren Differenzierung der Angebote nach Nutzungsart, Lagekriterien und energetischem Gebäudezustand kommen wird“, ist sich Wahsenak sicher. Es könnte sogar darauf hinauslaufen, dass jüngere Bestandimmobilien oder gut sanierte Altbauten mit günstigen Energiekennwerten noch im Preis zulegen werden und angesichts immer stärker steigender Kosten die Alternative zu Neubaueigenheimen werden.

Wie das Statistische Bundesamt im Februar 2023 zu seiner vierteljährlichen Statistik mitteilte, verteuerte sich der Neubau konventionell gefertigter Wohngebäude im November des Vorjahres im Vergleich zum Vorjahresmonat um 16,9 Prozent. Das erhöht die Attraktivität von Gebrauchtimmobilien. Insgesamt dürfte der Preisanstieg der letzten Jahre angesichts der geänderten Rahmenbedingungen gestoppt sein, und moderate Preiskorrekturen dürften zu einer Normalisierung der Situation führen – im Osten Deutschlands wie auch in der gesamten Republik.

Wohneigentum bleibt finanzierbar

Historisch betrachtet befinden sich die Zinsen für Immobilienfinanzierungen aktuell immer noch auf einem vergleichsweise günstigen Niveau. Zum Vergleich: Vor acht Jahren lagen die Darlehenszinsen noch bei vier Prozent. Und vor 25 Jahren mussten Immobilienkäufer in spe sogar mit neun Prozent Zinsen rechnen. Auch damals wurde gebaut – wenn auch zu insgesamt niedrigeren Preisen für Material, Arbeitskraft und Energie.

Damit bleibt der Erwerb von selbstgenutztem Wohneigentum auch heute für breite Bevölkerungsschichten interessant. Eigene vier Wände versprechen Schutz vor Mietsteigerungen und Kündigung sowie eine „Wohlfühlrendite“, die sich in einer größeren Gestaltungs- und Entfaltungsfreiheit ausdrückt. Darüber hinaus steht bei Rentenbeginn – oder schon früher – schuldenfreies Wohneigentum nach wie vor als sichere Altersvorsorge hoch im Kurs. Schließlich entfällt nach dem Ausscheiden aus dem Berufsleben die Miete als für das alltägliche Leben wesentlicher Kostenfaktor.

Im Vergleich zu vielen Regionen der alten Bundesländer sind die Immobilienpreise in Ostdeutschland noch immer vergleichsweise günstig. Dadurch wird Wohneigentum zwischen Kap Arkona und Fichtelberg auch künftig für viele Menschen finanzierbar bleiben. (ots)