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Hier gewinnt Wohneigentum noch an Wert

Der Immobilienboom ist vorbei? Nicht überall. Der Postbank Wohnatlas 2023 zeigt, in welchen Regionen Betongold weiter glänzt.

In Deutschland stagnieren oder sinken die Preise für Wohnimmobilien vielerorts, die über Jahre andauernde Goldgräberstimmung hat ein vorläufiges Ende gefunden. In fast der Hälfte aller 400 deutschen Landkreise und kreisfreien Städte fallen die Preise für Eigentumswohnungen real und werden bis 2035 um mindestens zwei Prozent unter dem heutigen Niveau liegen. Ähnlich Entwicklungen sind für andere Klassen von Wohnimmobilien zu erwarten. Dies sind die Ergebnisse der Studie „Postbank Wohnatlas 2023“, für die das Hamburgische WeltWirtschaftsInstituts (HWWI) Kaufpreisprognosen bis ins Jahr 2035 erstellt hat.

In jedem zehnten Gebiet werden der Untersuchung zufolge die Preise für Wohneigentum stagnieren, mit Werten zwischen -0,15 und +0,15 Prozent pro Jahr. Doch auch unter den Einflüssen von hoher Inflation und steigenden Zinsen für Baudarlehen sowie der sich daraus ergebenden verringerten Nachfrage wird es in Deutschland Regionen geben, in denen Eigentümerinnen und Eigentümer in den kommenden Jahren mit einem Wertzuwachs rechnen können. In 43 Prozent der Regionen prognostiziert das HWWI einen Anstieg der Kaufpreise real um mehr als 0,15 Prozent pro Jahr bis 2035. Das entspricht insgesamt einem Plus von mindestens zwei Prozent bis 2035.

Junge und gutverdienende Bevölkerung treibt Preise

Reale Preiszuwächse sagen die Prognosen für weite Teile des südlichen und nordwestlichen Raums, für die sieben größten Metropolen und ihr Umland sowie für einige weitere Großstädte vorher – allesamt wachsende Regionen mit im Vergleich hohen Anteilen jüngerer, gutverdienender Erwerbstätiger. In den Flächenländern Baden-Württemberg, Bayern, Hessen und Schleswig-Holstein steigen die Kaufpreise im Durchschnitt über alle Regionen an. Leicht sinkende oder stagnierende Preise werden in ländlich geprägten mitteldeutschen Regionen erwartet. Stärkere Preiseinbrüche prognostizieren die Expertinnen und Experten für weite Teile des ländlichen Raums der ostdeutschen Länder abseits der Großstädte.

Auch die Immobilienmärkte vieler Großstädte nebst Umland profitieren von guten demografischen und wirtschaftlichen Rahmenbedingungen. Unter den sogenannten „Big Seven“ (Berlin, Hamburg, München, Köln, Frankfurt am Main, Stuttgart, Düsseldorf) wird der stärkste Preisanstieg erneut in München erwartet. Der Quadratmeterpreis für Eigentumswohnungen in Deutschlands teuerster Großstadt wird nach Berechnungen des HWWI bis 2035 jährlich real nochmals um mehr als zwei Prozent wachsen.

Die Metropolen und ihr Umland bleiben für Anleger und Selbstnutzer vor allem deshalb attraktiv, weil sie kontinuierlich wachsen. Für Frankfurt am Main prognostizieren das HWWI einen Zuwachs von knapp sechs Prozent bis 2035. Für Berlin liegen die Erwartungen zwischen vier und fünf Prozent. Es folgen Hamburg mit knapp vier Prozent und Stuttgart mit mehr als drei Prozent. Neben der demografischen Entwicklung wird hier auch die erwartete Einkommensentwicklung die Kaufpreise treiben. Das verfügbare Einkommen der Haushalte wird real in allen sieben Metropolen bis 2035 steigen. Für München und Frankfurt am Main wurden die höchsten Einkommenszuwächse berechnet. Zudem übersteigt in zentralen Lagen die Nachfrage vielerorts weiterhin das Angebot, was die Preise treibt.

Potsdam profitiert von Top-Lage am Rand von Berlin  

Für Potsdam wird mit realen Preiszuwächsen von 2,71 Prozent pro Jahr das voraussichtlich stärkste prozentuale Preiswachstum aller deutschen Regionen erwartet. Die künftige Preisdynamik bis 2035 in der brandenburgischen Landeshauptstadt ist damit sogar höher als in Deutschlands teuerster Stadt München. Auf dem zweiten Platz der Regionen mit den größten prognostizierten Preiszuwächsen – und damit ebenfalls höher als die bayerische Metropole – liegt der Landkreis Erding in Bayern. Erding im Speckgürtel der Landeshauptstadt und Potsdam im Umland von Berlin lassen somit bis 2035 die größten Wertzuwächse aller deutschen Regionen erwarten.

Sechs Regionen der Top Ten mit den größten realen Preiszuwächsen pro Jahr liegen im Bundesland Bayern und damit in Reichweite von Deutschlands teuerster Metropole München. Dabei haben die Preise für Eigentumswohnungen auch in diesen Gegenden teilweise mit mehr als 6.500 Euro pro Quadratmeter schon viele der „Big Seven“ überholt. In Berlin, Köln, Stuttgart und Düsseldorf kauften Immobilieninteressen 2022 im Schnitt noch immer günstiger als in den bayerischen Landkreisen Ebersberg und Dachau.

In Leipzig liegen die Preise für Eigentumswohnungen dagegen mit rund 3.300 Euro noch auf recht moderatem Niveau, sollen sich laut HWWI-Prognose jedoch bis 2035 besonders dynamisch entwickeln. „Die sächsische Metropole ist ein Beispiel für potenzielle Investitionschancen. Vergleichsweise moderate Preise mit Aussicht auf Wertsteigerungen in den kommenden Jahren“, sagt Manuel Beermann, Leiter Produktmanagement Immobilien bei der Postbank. „Generell sollten Kaufinteressierte Angebote in Großstädten und ihrem Umland besonders genau prüfen. Nicht immer lassen sich kurz- oder mittelfristig noch Preiszuwächse erzielen und Eigentumswohnungen werden mitunter überteuert angeboten.“

Alternativen für Kaufinteressierte sind vorhanden

Die Studie zeigt aber auch, dass die Preise nicht nur in den oben genannten Regionen sowie den sieben Metropolen weiter anziehen, sondern auch für weitere Großstädte sowie Landkreise jährliche Preiszuwächse bis 2035 erwartet werden können. Unter den kreisfreien Städten mit mehr als 100.000 Einwohnern prognostizieren das HWWI neben den bereits genannten Großstädten für Dresden (Sachsen), Ingolstadt (Bayern), Mainz (Rheinland-Pfalz), Münster (Nordrhein-Westfalen), Darmstadt (Hessen), Freiburg im Breisgau und Heidelberg (Baden-Württemberg) sowie Jena (Thüringen) positive reale Preisentwicklungen von mehr als einem Prozent pro Jahr. „Bei der rasanten Preisentwicklung in den Metropolen in den vergangenen Jahren rücken zunehmend weitere Großstädte in den Fokus, die bisher noch keine so extremen Sprünge gemacht haben. Viele Studierendenstädte locken mit einem vielfältigen Freizeitangebot und kurzen Wegen“, erklärt Beermann. „Heute müssen Kaufinteressierte genauer hinsehen, um Objekte in Regionen mit positivem Preistrend zu finden. Im Einzelfall sollten angehende Eigentümer Ausstattung, Lage und Renovierungsstand der Immobilie genau betrachten – und sich im Zweifelsfall den Rat von Fachleuten einholen. Dies gilt mit Blick auf die energetischen Standards umso mehr.“

Wertverluste bei Immobilien drohen dagegen in strukturschwachen Regionen mit sinkenden Bevölkerungszahlen. Deutliche Bevölkerungsrückgänge werden für viele Regionen in Sachsen-Anhalt, Thüringen, Sachsen, Mecklenburg-Vorpommern und im Saarland erwartet. Da dort gleichzeitig die Bevölkerung überdurchschnittlich altert, werden die Kaufpreise in Folge stark sinken. In den ostdeutschen Bundesländern ist insbesondere der ländliche Raum außerhalb des Großraums Berlin und der Großstädte von höheren Wertverlusten betroffen. Eigentumswohnungen in der Stadt Suhl und im Wartburgkreis in Thüringen werden von allen deutschen Regionen voraussichtlich am stärksten an Wert verlieren. Gegen den Trend entwickeln sich in Ostdeutschland der Großraum Berlin sowie andere Großstädte wie Leipzig, Jena und Dresden positiv.

Unter den Großstädten mit mehr als 100.000 Einwohnern sind die Ruhrgebietsstädte Herne, Gelsenkirchen, Hagen, Duisburg, Oberhausen, Mühlheim an der Ruhr und Bochum sowie das nahegelegene Remscheid im Bergischen Land von Preisrückgängen betroffen. (ots)